Rückblick Webinar vom 03.04.2024: Paratuberkulose beim Rind – kranke Tiere sind nur die Spitze des Eisbergs!

Maren Feldmann (Rindergesundheit Schweiz) startete das Webinar mit allgemeinen Infos zum Erreger der Paratuberkulose beim Rind (Mycobacterium avium subsp. paratuberculosis, kurz MAP). Bei der Paratuberkulose handelt es sich um eine chronische Darmentzündung beim Rind, die  auch bei Ziegen, Schafen und Wildwiederkäuern vorkommt. Das zoonotische Potential des Erregers wird diskutiert, aber ist bis heute weder widerlegt noch eindeutig bewiesen. Dennoch haben einzelne Länder Bekämpfungsstrategien, um das Übertragungsrisiko auf den Menschen zu vermindern. Klinisch krank werden meistens ältere Tiere. Anfangs kommt es zu wechselhaftem, später anhaltendem Durchfall. Obschon die Futteraufnahme nicht beeinträchtigt ist, nehmen die Tiere stark ab. Im finalen Stadium kommt es zur Kachexie und Ödembildung wegen des hohen Eiweissverlusts über den Darm. In diesem symptomatischen Stadium 3 und 4 sind jedoch nur die wenigsten Tiere. Weitaus mehr Tiere sind infiziert, ohne dass man etwas bemerkt. Diese Tiere sind im Stadium 1 oder 2 und befinden sich in einer 2 bis 10 Jahre dauernden Inkubationszeit. Vorwiegend Kälber in der 1. – 6. Lebenswoche infizieren sich mit MAP. Das Hauptrisiko, wie Paratuberkulose in einen Betrieb kommt, ist der Zukauf von Tieren, die sich im Stadium 1 und 2 befinden. Auch die indirekte Übertragung durch Menschen oder kontaminiertes Material ist möglich, jedoch von geringerer Bedeutung. Um eine Verbreitung auf dem Hof zu verhindern ist die Hygiene im Abkalbebereich und die Haltung der Kälber im empfänglichen Alter zentral.

Die Diagnostik von MAP wird durch diverse Faktoren erschwert. Dies erläuterte Sarah Schmitt von der Abteilung Veterinärbakteriologie der Vetsuisse-Fakultät Zürich. Je nach Phase der Erkrankung können Erreger oder Antikörper nachgewiesen werden, was einen Einfluss auf die diagnostische Nachweismethode hat. Erreger werden bereits vor dem Auftreten von klinischen Symptomen (Stadium 2) ausgeschieden, Antikörper sind meistens erst im dritten Stadium messbar. Erschwert wird das Ganze dadurch, dass die als Goldstandard geltende Kultur des Erregers zischen 4-16 Wochen dauert. Abschliessend ist zu bemerken, dass nur positive Resultate beweisend sind und negative Resultate immer mit Vorsicht zu interpretieren sind und eine Infektion nicht sicher ausschliessen können.

Über die Bedeutung der Paratuberkulose in der Schweiz ist gegenwärtig nicht viel bekannt. Einzelne Studien waren bis jetzt regional und es wurden nur wenig Betriebe einbezogen. Eine kürzlich durchgeführte Serologie-Studie, im Auftrag des Bundesamts für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV) nahm sich dieser Frage an. Mireille Meylan, Studienleiterin an der Vetsuisse-Fakultät Bern, präsentierte die Erkenntnisse der Studie.  Die Schwierigkeiten der Diagnostik und der Fakt, dass es sich um eine Prävalenzstudie handelt, beeinflussten den Studienaufbau. In die Resultate wurden 163 Betriebe und 9610 Tiere einbezogen. Von diesen waren 25 Tiere auf 9 Betrieben serologisch positiv. Somit wurde eine beobachtete Herdenprävalenz von 5.5% und eine beobachtete Tierprävalenz von 0.26% festgestellt. Die Untersuchungen zeigten auch, dass ein risikobasiertes Beproben von Betrieben nicht möglich ist, so dass alle Tiere über zwei Jahre untersucht werden müssen, um den Herdenstatus zu evaluieren. Die Studie konnte eine tiefe Seroprävalenz sowohl auf Herden- als auch auf Tierebene aufzeigen. Gleichwohl ergibts sich rechnerisch eine wahre Seroprävalenz auf Herdenebene von 3.6%. Wenn man also von 17 531 Milchviehbetrieben in der Schweiz ausgeht, so bedeutet das, dass es 631 infizierte Betriebe in der Schweiz gibt, und auf Grund der diagnostischen Limitationen können es noch mehr sein. Somit hat Paratuberkulose trotz geringer Prävalenz in der Studie eine grössere Bedeutung.

Die geringe «Bekanntheit» der Paratuberkulose bei BetriebsleiterInnen, welche ebenfalls von Mireille Meylan aufgezeigt wurde, zeigt , dass das Bewusstsein für die Paratuberkulose gesteigert werden muss. Die Risikofaktoren für Paratuberkulose sind bekannt und gehen einher mit einer notwenigen Sensibilisierung in Bezug auf die Biosicherheit auf Schweizer Rindviehbetrieben.

Die Paratuberkulose ist eine zu bekämpfende Tierseuche. Somit schloss Elena Di Labio vom BLV mit der Bedeutung der Tuberkulose in der Tierseuchengesetzgebung den Abend ab. Das Ziel der Seuchenbekämpfung im Fall der Paratuberkulose ist die Identifikation und Eliminierung der MAP-Ausscheider, die Senkung des Infektionsdruckes im Betrieb und das Verhindern des Eintrages von MAP in die Lebensmittelkette. Bei der Paratuberkulose ist der Seuchenfall nur gegeben, wenn sowohl klinische Symptome als auch ein positiver Erreger-Nachweis vorhanden sind. In den technischen Weisungen sind die Untersuchungsmethoden im Verdachtsfall geregelt. Bei Verdachtsfall kommt es also zu einer Kaskade von Meldungen und Untersuchungen. Im Seuchenfall wird eine Sperre 1. Grades über den Betrieb ausgesprochen, verseuchte Tiere werden abgesondert, getötet und entschädigt. Somit zeigt sich auch hier, dass die Paratuberkulose trotz tiefer Prävalenz eine Bedeutung in der Schweiz hat.

 

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